„Das Gute ist immer eine Herausforderung.“ Wladimir Kaminer im Interview

Der in Moskau geborene, deutsche Schriftsteller Wladimir Kaminer gilt als genauer Beobachter, der die Dinge des Lebens mit viel Witz und gesundem Menschenverstand schildert und hinterfragt. Oliver Klatt traf ihn 2016 in Berlin.

Wir treffen uns zum Interview in einem Café im Prenzlauer Berg. Die Sonne scheint kräftig, es ist der erste schöne Sommertag, wir sitzen draußen. Ich zeige Wladimir Kaminer die neueste Ausgabe des Reiki Magazins und sage ein paar einführende Worte über Reiki. Er schaut sich das Heft an.

Wladimir Kaminer: Ich war gestern in der Nähe von München, am Starnberger See. Dort habe ich im Buchheim Museum mit einem DJ zusammen eine Disko veranstaltet. Den DJ kenne ich seit vielen Jahren, er ist ehemaliger Sannyasin, der früher mal eine Zeit bei Osho verbracht hat. Und ich kenne auch andere Menschen, die Sannyasins sind oder waren. Es lässt sich vielleicht darüber streiten, ob das nur eine spirituelle Wolke war, bei diesem Osho, und was das tatsächlich bewirkt hat. Aber Fakt ist, dass alle diese Menschen, die ich kenne und die diese Schule durchgemacht haben, sehr angenehme, freudvolle, gesellschaftsfähige und friedliche Menschen sind. Auch wenn sie heute manchmal vielleicht keinen Wert mehr darauf legen, mit Osho in Zusammenhang gebracht zu werden. Aber die allermeisten Sannyasins, die ich kenne, erinnern sich mit sehr viel Liebe und Begeisterung an diese Zeit.

Oliver Klatt: Ich kenne auch einige Sannyasins. Eine größere Reiki-Veranstaltung, an der ich jährlich teilnehme, die Reiki Convention, findet auf Gut Hübenthal bei Göttingen statt, dort leben viele Sannyasins. Mich persönlich hat Osho nie als spiritueller Lehrer angesprochen. Aber was mir gefällt ist, dass mit dieser Bewegung auf breiter Basis eine gewisse Sinnlichkeit und Freude auch in die spirituelle Welt Einzug gehalten hat.

Wladimir: Es ist ein bisschen wie mit Aussagen des Dalai Lama, wo man nicken kann, mit gutem Gewissen, nach jedem Satz, den er sagt. Wer kann überhaupt eine solche Botschaft bestreiten, wenn einer zu dir kommt und sagt: Entspanne dich! Gehe tief in dich! Finde zu dir!

Oliver: Das stimmt wohl – so lange man dabei nicht zu politisch wird. 

Was ist Reiki?

Wladimir: Und was hat es nun mit Reiki auf sich? Wie unterscheiden sich Menschen, die Reiki können, von Menschen, die Reiki nicht können?

Oliver: Also, was mich betrifft: Ich kann anderen Menschen, die dies möchten, universelle Lebensenergie übertragen, per Handauflegen. So dass sie dies spüren, in der Regel.

Wladimir: Und wo kommt diese Energie her?

Oliver: Sie kommt aus dem Universum, sie ist überall um uns herum. Wir können sie nicht sehen, aber wir können sie nutzen, zur Vitalisierung, zur Heilung, für mehr Freude, zu spirituellen Zwecken.

Wladimir: Aber hast du danach nicht weniger Energie in dir?

Oliver: Nein, ich gebe die Energie weiter, ich bin gewissermaßen nur der Kanal für sie … Wladimir, ich lese deine Geschichten bereits seit vielen Jahren mit großer Freude und fühle mich immer wieder inspiriert von ihnen. Dabei nehme ich in deinen Worten ein gesundes Maß an Freude und Machbarkeit für die Dinge des Lebens wahr.

Wladimir: So kann man vielleicht sagen: bei der Freude kommen wir zusammen.

Oliver: (lacht) Ja. Eines deiner neueren Bücher, „Diesseits von Eden“, hat mir besonders gut gefallen. In dem Buch geht es ja viel um das Sein in der Natur, auch um das Gärtnern … Könnte man sagen, dass du etwas von der Natur gelernt hast?

In der Natur

Wladimir: Man begreift natürlich in der Natur viel klarer, wie symbiotisch die Menschen sind. In einer Großstadt hat man eher die Neigung, sich selbst als ein „herausragendes Ereignis“ zu betrachten. Dabei verschwindet die Landschaft, also der Kontext, in dem ein Mensch wächst, sich entwickelt. In der Natur dagegen ist es mir gelungen, diesen Kontext wieder in aller Klarheit zu sehen. Und festzustellen, dass ich selbst im Grunde genommen fast unsichtbar bin. Auf jeden Fall nicht sichtbarer als eine Brandenburger Mücke. Die allerdings ziemlich gigantische Ausmaße annehmen kann, je nachdem, wieviel Nahrung sie bekommt.

Oliver: (lacht) Mit den Mücken ist das so eine Sache …

Wladimir: Die Brandenburger Mücken haben ein hartes Leben. Sie haben nur wenige Chancen, weil es in Brandenburg nicht so viele Menschen gibt – und damit auch nur wenig Blut. Also fliegen sie mit geschlossenen Augen. Das ist meine These. Treffen sie auf einen Baum: Pech gehabt! Dann ist nichts mehr mit Lebensenergie. Treffen sie auf mich, zum Beispiel, oder einen anderen Künstler, dann wird gefeiert.

Als ich neulich eine Sendung für 3sat drehte, aus der Reihe „Kulturlandschaften“, im Spreewald, da habe ich mit einer Mode-Designerin gesprochen, die sorbische Mode kreiert, und sie benutzt Mücken als Muster. Das fand ich so schön. Da sind diese kleine silbernen Mücken, auf gelben und blauen Stoffen, grandios!

Oliver: Es ist sicherlich eine gute Idee, Dinge zu integrieren – auch die nervigen.

Wladimir: Warum nerven einige Sachen? Man muss sich die Ursachen dafür anschauen. Meist hat es mit fehlender Kommunikation zu tun. Diese große Hülle, diese In-sich-gehen, das habe ich früher unterschätzt. Man kann es sehr gut dabei haben. Und sich auch unangreifbar machen. Der derzeit berühmteste Künstler Russlands, Pjotr Pawlenski, ein Performance-Künstler, sitzt zur Zeit im Knast. Und jetzt hat er aus dem Knast heraus geschrieben, dass niemand ihm die Freiheit rauben kann. Und dass er auch jetzt genau so lebt, wie er eben lebt. Er akzeptiert natürlich die Wände, die Mauern, die Zäune – die hat man immer. Aber in Wahrheit lebt er seine Zeit, die keiner in Anspruch nehmen kann. Raum kann man den Menschen rauben, aber die Zeit, das geht schon weniger.

Oliver: Da stellt sich die Frage: Was ist letztlich Glück? In deinen Geschichten geht es ja häufig um dieses Thema. Mit einer gewissen Leichtigkeit und Unbekümmertheit durchs Leben zu gehen, auch innerhalb oft widriger Umstände. Als Leser hat man dabei den Eindruck, du hast dein Glück gefunden. Würdest du sagen, du bist ein glücklicher Mensch?

Glücklich sein

Wladimir: Hinter vorgehaltener Hand sage ich Ja. Aber eigentlich ist es wohl nicht angebracht, glücklich zu sein in einer Welt voller Leiden und Not. Allein schon das Streben nach Glück ist so … für mich hat es einen unangenehmen Beigeschmack. Glücklicher als wer? Warum du, und nicht dein Nachbar? Es ist unmenschlich, Parties zu feiern in einem Haus, wo es bei den Nachbarn brennt.

Jedoch: Die glücklichen Menschen kritisieren, das möchte ich auch nicht. Zum Beispiel gestern bei der Disko, am Starnberger See, da war alles voller glücklicher Menschen, die die Vorzüge einer Demokratie in ihren Gesichtern tragen, weil: Sie leben länger, bleiben länger gesund, sehen mit 50 aus wie mit 30, haben Lust zu tanzen, verspüren Lebensfreude. Und wenn dann irgend so ein Stimmungsverderber kommt und sagt: „Wie könnt ihr nur tanzen, wo doch gleichzeitig Millionen Menschen unter der Brücke sitzen?“, dann sagen sie: „Ja, das ist ein großes Problem, aber was können wir dafür? Wir haben die Glückskarte gezogen.“

Oliver: Soll man in Sack und Asche gehen, weil es anderen Leuten schlecht geht?

Wladimir: Ich denke, dass das richtige, große Glück eigentlich nur für alle zusammen möglich wäre. Es sollte nicht so sein, dass aus dem Glück des einen das Unglück eines anderen entsteht. Aber ich denke, dass es wahrscheinlich tatsächlich so ist, dass es nur eine bestimmte Menge an Glück gibt. Es ist nicht so wie mit der Lebensenergie, von der du erzählst, die unerschöpflich vorhanden ist. Ich glaube an die Endlichkeit aller Dinge. Ich denke, dass Glück wie Unglück nur in bestimmten Mengen vorhanden sind. Samuel Beckett hat darüber geschrieben, in „Warten auf Godot“. Kaum hört irgendwo jemand auf zu weinen, fängt jemand anders irgendwo wieder damit an.

Oliver: Eine interessante Frage, die man wohl nie letztendlich wird klären können. Steht Glück den Menschen, insgesamt betrachtet, nur in begrenzter Menge zur Verfügung?

Wladimir: Die christliche Religion sagt klar und deutlich: Die Letzten werden die Ersten sein. Also entweder alle oder keiner. Es gibt keine individuelle Rettung. Das ist ein Weg in die Sackgasse. Was derzeit die Gemüter der Menschen in Deutschland bewegt, ist, dass viele dieses Land als Arche Noah sehen, auf einem Weg, der im Untergang begriffen ist. Natürlich wird diese Arche Noah nicht halten, das weiß jeder – und deshalb die Ängste. Dabei gilt für viele Menschen: Je besser es ihnen geht, je glücklicher sie sich fühlen, umso ängstlicher und fremdenfeindlicher werden sie. Die ganze AFD ist eigentlich aus dem Glück herausgekrochen, endlich ein geeintes Europa zu sein, endlich den Franzosen als Freund zu haben.

Oliver: Sicherlich hängt alles miteinander zusammen. Bei der Reiki-Methode gibt es, neben dem Handauflegen, fünf Denksätze, wir sagen Lebensregeln dazu. Der Begründer der Methode, der Japaner Mikao Usui, hat diese fünf Sätze folgendermaßen genannt: „die geheime Methode, das Glück einzuladen“. Mit „geheim“ ist hier nicht gemeint, dass man diese Sätze vor anderen verbergen soll, sondern es ist gemeint, dass diese fünf Sätze für viele erst einmal nicht ganz so offensichtlich mit dem Thema Glück in Verbindung stehen wie vielleicht andere Denksätze. Die beiden ersten Sätze sind: „Ärgere dich nicht.“ und „Sorge dich nicht.“. Was denkst du darüber? Macht es Sinn für dich, dich weniger oder gar nicht mehr zu ärgern?

Buddhistische Sichtweise

Wladimir: Ich glaube, selbst wenn ich es wollte, könnte ich mich nicht ärgern und mich nicht sorgen. Zur Erläuterung möchte ich etwas weiter ausholen: Manche Menschen fühlen sich sehr stark mit ihrem Beruf, mit ihren Beschäftigungen verbunden. Sie lösen sich in dem, was sie tagtäglich tun, richtig auf. Für mich als Schriftsteller zum Beispiel ist das ein Muss. Wenn ich mich als Person, als Individuum hier aus der Welt zurückziehen würde, mich mehr und mehr mit mir selbst beschäftigen würde … und dann alles, was ich sehe und wahrnehme, auf mich beziehen würde … mir also ständig Fragen stellen würde wie: Ist das jetzt gut für mich? Oder schlecht? Muss ich mir Sorgen darum machen? Oder soll ich mich darüber freuen? … wenn ich mich also auf ein solches Feuerwerk an Gefühlen und Emotionen einlassen würde, dann würde ich niemals eine Geschichte schreiben können. Ich muss mich selbst quasi so unsichtbar machen, wie es nur geht.

Ich bin auf die Geschichten anderer Menschen angewiesen. Um die Welt da draußen zu sehen, muss ich meine eigene Person eigentlich abschaffen. Sie wäre sonst wie ein Fischernetz aus Beton. Damit fängt man keine Fische. Man fängt nur einen Fisch: sich selbst. Aber in einer Phantasievariante. Weil man ja jeden Tag anders ist. Insofern ist mir von allen Religionen der Welt der Buddhismus am nächsten. Weil es in der buddhistischen Sichtweise diese Person gar nicht gibt. So gesehen: Das Glück, das Leiden, das gibt es. Aber es gibt nicht den Leidenden, den Glücklichen.

Oliver: Das heißt: Du ärgerst dich tatsächlich nicht? Über gar nichts?

Gut und Böse

Wladimir: Doch, natürlich. Das Gefühl tiefer Trauer zum Beispiel ist mir sehr gut bekannt. Ich ärgere mich über die politischen Entwicklungen in Russland, meiner Heimat. Dass die Menschen zu früh die Hoffnung aufgegeben haben, eine Zukunft jenseits dieser vor 70 Jahren vorgegebenen Richtlinien anzusteuern. Lange gezögert haben, vor die Wahl gestellt zwischen Gut und Böse, und sich für das Böse entschieden haben – weil sie viele Gründe dafür haben und sich nicht stark genug fühlen, mit dem Guten etwas anzufangen. Das Gute ist immer eine Herausforderung. Dabei muss man sich jeden Tag auf‘s Neue bewähren, das gibt es nicht auf Vorrat. Und das Böse gibt einfach eine gewisse Sicherheit.  Das Böse erlaubt dir, zu fallen, egal wie tief, immer weiter.

Oliver: Und Sorge?

Wladimir: Sollte man eigentlich haben. Das heißt: Als Person, als Mensch, habe ich keine Sorgen. In einer anderen Funktion, zum Beispiel als Bürger, ist es sicherlich angebracht. Auch in diesem Land der Glücksseligen. Männer ab 50, so glaube ich, werden zwangsläufig zu Befürwortern von Weltuntergang. Manche mehr, manche weniger. Wenn sie einsam sind, keine Familie haben, dann werden sie manchmal richtig skrupellos.

Es gibt doch diese Annahme, dass, würde man das Volk über die Frage: Todesstrafe oder nicht? entscheiden lassen, die Mehrheit dafür wäre – und deshalb befragt man das Volk nicht dazu. Nun gibt es eine Untersuchung, es ist zwar eine aus Russland, aber ich bin mir sicher, in Deutschland ist es auch so, bei der man herausgefunden hat, welche Bevölkerungsgruppe nun tatsächlich für die Todesstrafe ist.

Oliver: Und was kam dabei heraus?

Wer ist für die Todesstrafe?

Wladimir: Dass junge Menschen in großer Mehrzahl gegen die Todesstrafe sind. Und: Alleinstehende Männer ab 60 sind überwiegend für die Todesstrafe. Die schauen wohl in den Spiegel und denken sich: Alle erschießen! Todesstrafe für alle! Und wenn du die Menschen fragst: Hat unsere Welt angesichts der aktuellen Lage überhaupt noch eine Chance? Dann sagen sie mehrheiltich: Nee! Und das macht schon Sorgen … oder dir nicht?

Oliver: Doch, schon. Ich würde auch nicht sagen, dass ich mich nie ärgere oder mich nie sorge. Aber mir ist es in den letzten 20 Jahren mit Reiki zunehmend besser gelungen, mich sehr viel weniger zu ärgern und zu sorgen als vorher. Und: Ich glaube an eine Art individuelle Beziehung, die jeder einzelne Mensch zum Universum, zu Gott hat, und dass man dadurch getragen sein kann, durch den Glauben an Gott, oder auch durch eine buddhistische Praxis – und das unabhängig von dem Verhalten anderer.

Wladimir Kaminer: Dann bist du ein glücklicher Mensch. Es fällt einem leichter, als gläubiger Mensch durchs Leben zu gehen, als als jemand, der misstraut. Misstrauen verdirbt den Charakter, kostet viel Mühe und bringt Enttäuschungen mit sich. Gut, der Glaube bringt auch manchmal Enttäuschungen mit sich, aber er ist wirklich sehr viel besser als Misstrauen. Nietzsche hat einmal gesagt, sinngemäß: Ich lasse mich gerne verarschen, um mich hinterher nicht verarscht fühlen zu müssen. Das geht auf! Weil: wer misstraut, fühlt sich wirklich verarscht, von Anfang bis Ende, das ist eine Sackgasse, da gibt es keinen Ausweg. Und einer der glaubt, der fällt ab und zu auch mal auf die Nase, was normal ist, lebt dafür aber in einer besseren Welt und führt ein spannenderes Leben.

Stell dir vor: eine Welt ohne Glauben, ohne die Götter, ohne Lebensenergie aus dem Universum, ohne Hoffnung auf eine gerechtere gesellschaftliche Ordnung wäre eine Welt ohne Träume. Das wäre doch eine Kiste, ein Sarg. So eine Welt wäre nicht lebenswert. Deshalb bin ich für den Glauben.

Oliver: Glaubst du an etwas?

Wladimir: Ich glaube an alles, ja, das muss ich ja.  

Oliver: An was glaubst du?

Glaube?

Wladimir: Also, an deine Lebensenergie glaube ich auf jeden Fall. Ich glaube, dass die Menschen sie schaffen, durch ihren Glauben. Das ist mit den großen Weltreligionen auch nicht anders. Wenn Millionen Menschen so lange an etwas Bestimmtes glauben, dann bekommt es auch einen Inhalt – und wird zu einer Wahrheit.

Da gab es doch einmal diese verrrückte Untersuchung, bei der Wissenschaftler versucht haben, die Seele von Menschen zu wiegen. Und meinten dann herausgefunden zu haben: die eine Seele wiegt soundsoviel, eine andere weniger, eine andere mehr. Welch‘ eine kuriose Idee! Ich brauche keine Waage, um festzustellen, ob jemand eine Seele hat oder nicht. Ich glaube, das fällt auf. 

Oliver: Was ist deine Lebensphilosophie, in wenige Sätze gepackt?

Wladimir: Ich denke, es geht im Leben um irgendeine Art von Produktion. Nicht bloß für mich. Ich denke, dass jeder Mensch in einem Produktionsprozess steckt. Nur: zu erkennen, was man tatsächlich produziert, das kostet Mühe. Es ist nicht einfach.

Meine Lebensphilosophie ist sehr stark von meiner Beschäftigung abhängig. Was produzieren die Menschen, das irgendwie Bestand hat? Also die Häuser sind das nicht. Die Buddhisten sagen: Es hat nur das Bestand, was immer währt. So gesehen hat eigentlich in unserer Welt so gut wie nichts Bestand. Am Ende wird alles zu Staub. Menschen sterben, werden auch zu Staub. Etwas bleibt aber. Was ist das, das bleibt? Was wir zum Beispiel von Sokrates und Platon wissen, das bleibt – obwohl wir damals nicht dabei waren. Das sind unsere Geschichten. Nicht alle Geschichten. Nur die Geschichten, die gut genug erzählt worden sind. Ich wage es nicht zu sagen: aufgeschrieben, weil manche von ihnen ja sogar gemalt wurden.

Geschichten erzählen

Alles was wir wissen, alles was wir sind, sind die Geschichten. Vorausgesetzt, sie sind richtig erzählt, von jemandem, der ein guter Geschichtenerzähler ist. Und das ist meine Art von Produktion.

Im Grunde genommen gibt es gar nicht so viele Geschichtenerzähler. Denn die meisten Menschen, die sich Schriftsteller nennen, machen sich nicht wirklich diese Mühe. Viele versuchen etwas vorzumachen, schreiben über Gefühle, die sie nicht selbst haben, über Menschen, die sie nicht kennen, über lauter Sachen, die sie nicht erlebt haben. Wenn du aber tatsächlich den Anspruch hast, im ganzen Strudel des Alltäglichen die Geschichte zu erkennen und dir da etwas rausmeißeln kannst, und das in einer Form, die so spannend ist, dass sich auch die nächsten Generationen noch gerne damit beschäftigen … das ist der Honig der Menschen!

Ich bin ein großer Honigfan. Ich habe zu Hause sehr viele verschiedene Honige, auch aus anderen Ländern. Neulich brachte mir ein Freund aus Korea Honig von dort mit. Ich stelle fest, dass die Honige sehr verschieden sind. Es sind sehr unterschiedliche Produkte, bei den Bienen. Und so ist das auch bei den Menschen.

Und wenn in Tausenden von Jahren die Außerirdischen kommen, die diese Lebensenergie aus dem Weltraum zu dir schicken, werden sie nicht lange überlegen, wem sie eigentlich glauben sollen …

Oliver: Ich kann mir schon vorstellen, dass es Außerirdische gibt.

Wladimir: Na, ganz bestimmt gibt es die. Nach dem aktuellen Wissensstand ist das relativ klar. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es sie gibt.

Oliver: Wenn es sie gibt, dann ist ja eine entscheidende Frage dabei: Sind sie uns freundlich gesinnt oder nicht?

Wladimir: Vielleicht denken sie in ganz anderen Dimensionen.

Herausforderung

Oliver: Das könnte gut sein … Wladimir, ich möchte zum Schluss noch auf eine Geschichte von dir kommen, aus deinem Buch „Das Leben ist (k)eine Kunst“, und zwar auf „Das Geheimnis des Regenmachens“. Darin beschreibst du aus meiner Sicht sehr gut, wie Heilung funktionieren kann. Ein Regenmacher in China reist an einen Ort, zu dem er gebeten wurde. Er sieht die „Unordnung“ vor Ort … passt sich ihr an … verzichtet dabei kurzzeitig auf seine eigene innere Harmonie … bringt sich dann langsam selbst wieder zurück in Harmonie … und die Umgebung vor Ort zieht mit. 

Wladimir: Und die Leute verstehen das nicht. Sie fragen ihn: „Haben Sie einen Draht zum Himmel? Wird es jetzt endlich regnen?“ Und er sagt: „Das entscheide ich nicht.“

Oliver: Und so ist es auch beim Reiki …

Wladimir: Und der Regenmacher nimmt viel Geld für seine Arbeit. Weil er sich das nicht antun müsste, er hätte auch auf dem Berg bleiben können. Aber so muss er sich auf diese Welt, auf diese Unordnung einlassen. Das ist an sich schon eine Herausforderung.

Oliver: Ich sehe das auch immer wieder als eine Herausforderung.

Wladimir: Und wie ist es bei dir? Übernimmst du Krankheiten von anderen, wenn du ihnen Reiki gibst?

Oliver: Ich bin nur Kanal für die Lebensenergie. Aber ich kann manchmal während einer Behandlung das Leid des Menschen, den ich behandle, spüren, seine Nöte. Jedoch ohne dass es deshalb auf mich übergeht. Und durch die Behandlung, durch die Lebensenergie lässt es sich in Harmonie bringen – ein Stück weit oder gleich in großen Schritten, je nachdem, „das entscheide ich nicht“ …

Wladimir: Und was wäre, wenn beispielsweise ein an Krebs erkrankter Mensch zu dir kommt und sagt, dass er eigentlich eine OP bräuchte, aber mehr an Reiki glaube, und du gibst ihm dann diese Lebensenergie, und er fühlt sich daraufhin gleich besser, geht nach Hause und stirbt …?

Oliver: Es gibt eine gesetzliche Informationspflicht, die Heilern und Handauflegern auferlegt ist. Wir müssen den Klienten darüber informieren, dass unsere Art von Behandlung nicht die Behandlung beim Arzt oder Heilpraktiker ersetzt.

Wladimir: Dann wird es also zusätzlich angewandt?

Oliver: Das sieht der Gesetzgeber so, ja. Zumindest, dass man den Klienten hierüber informieren muss … Nun, Wladimir, ganz herzlichen Dank für dein Interesse – und vor allem für das gelungene, offenherzige Interview!

Wladimir: Gerne.

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