„Spiritualität ist die Kunst, sich mit der Quelle der Kraft zu verbinden“ Gaur Gopal Das im Interview

„Sorge dich nicht, frage!“ ist das international erfolgreiche Buch des indischen spirituellen Lehrers Gaur Gopal Das. Er wurde vor allem in den sozialen Netzwerken bekannt mit einem überraschend eingängigen Vortrag über das Konzept „Why Worry?“ von Sean Combs (auch bekannt als Rapper P. Diddy). Oliver Klatt führte ein Interview mit Gaur Gopal Das zu Fragen rund um das spirituelle Leben.  

Oliver Klatt: Glück stellt sich meist nicht von alleine ein. Was können wir tun, um mehr Glück in unserem Leben zu erfahren?

Entscheidung für Glück

Gaur Gopal Das: Um Glück zu erfahren, sollten wir uns nicht auf Dinge beziehen, die jenseits unseres Einflusses liegen. Wir sollten uns auf Dinge beziehen, die innerhalb unseres Einflussbereichs liegen. Glück ist eine Wahl, die wir treffen müssen. Wir können uns dafür entscheiden, glücklich zu sein.

Schmerzen sind unvermeidlich. Aber Leiden ist nicht zwingend notwendig. Was uns geschieht, mag jenseits unseres Einflusses liegen. Doch wie wir darauf reagieren, liegt innerhalb unseres Einflussbereichs. Glücklich zu sein … dafür müssen wir uns in jedem Moment neu entscheiden.

Unser Leben gibt uns nicht ständig Anlass dazu, glücklich zu sein. Wir müssen die Umstände dafür, glücklich zu sein, selbst schaffen.

Oliver Klatt: Manchmal erleben wir negative Emotionen, zum Beispiel Ärger. Ärger ist ein großer Feind von Glück. Was können wir tun, um Ärger zu vermeiden?

Gaur Gopal Das: Wir können sehr ärgerlich werden, wenn unsere Erwartungen nicht erfüllt werden. Wir erwarten etwas von einem Freund, aber er tut es nicht, und wir sind ärgerlich. Oder wir erwarten etwas vom Leben, aber wir bekommen es nicht, und wir ärgern uns.

Realistische Erwartungen

Ich denke, wir sollten etwas realistischer werden, was unsere Erwartungen angeht. Wenn wir unrealistische Erwartungen an Menschen haben und diese nicht in der Lage sind, unsere Erwartungen zu erfüllen, oder wenn wir unrealistische Erwartungen an das Leben haben, aber die Umstände nicht dementsprechend sind, werden wir ärgerlich. Also sollten wir realistische Erwartungen haben.

Jedoch tritt Ärger nicht bloß im Gefolge unrealistischer Erwartungen auf, sondern manchmal auch im Zusammenhang mit realistischen Erwartungen. Dazu ein Beispiel: Ich bestelle einen Fahrer, er soll mich zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abholen, um mich zum Flughafen zu fahren. Doch er kommt zu spät. Meine Erwartung ist in diesem Fall okay, sie ist wirklichkeitsnah. Der Fahrer wird dafür bezahlt, dass er pünktlich ist. Und wenn er das nicht ist, dann ist mein Ärger gewissermaßen wirklichkeitsnah.

In einem solchen Fall jedoch sollten wir Folgendes tun: Wir sollten unseren Ärger in richtiger Weise zum Ausdruck bringen. Meist ist es nicht so sehr was wir sagen, das den anderen verletzt, sondern vielmehr wie wir es sagen. Was wir sagen, mag richtig sein – aber wie wir es sagen, ist vielleicht zu hart. Darüber sollten wir uns bewusst sein. Und Wege finden, das was wir zu sagen haben in angemessener Weise zu sagen.

Oliver Klatt: Ein anderer großer Feind von Glück ist die Sorge. Was können wir tun, um Sorgen zu vermeiden?

Unbegrenztes Bewusstsein

Gaur Gopal Das: Vieles von dem, was um uns herum geschieht, können wir nicht verhindern, weil es nicht innerhalb unseres Einflussbereichs liegt. Das Verhalten anderer Menschen liegt meist jenseits unseres Einflussbereichs. Teammitglieder beispielsweise arbeiten vielleicht nicht in dem Maße mit, wie man es gerne hätte.

Doch was definitiv innerhalb unseres Einflussbereichs liegt, ist unser Bewusstsein. Auch wenn unsere Möglichkeiten Einfluss zu nehmen in einer gegebenen Situation begrenzt sind, so sind wir doch unbegrenzt in unserem Bewusstsein. Je mehr wir lernen, in unserem Bewusstsein die Führung zu übernehmen, umso weniger Sorgen werden sich einstellen.

Oliver Klatt: Auf den Punkt gebracht: Wie können wir ein glückliches Leben führen?

Innere Unabhängigkeit

Gaur Gopal Das: Wir sollten unser Glück nicht abhängig machen von anderen Menschen. Wer es von anderen abhängig macht, wird sehr enttäuscht werden.

Wir sollten unser Glück auch nicht abhängig machen von Dingen, von einem Haus, einem Auto oder ähnlichem. Häuser und Autos sind okay, sie sind hilfreich, wir können sie nutzen. Doch wir sollten unser Glück nicht von ihnen abhängig machen. Weil sie gar nicht das Potenzial haben, uns glücklich zu machen.

Oliver Klatt: Und um einen spirituellen Weg zu gehen, mit dieser Blickrichtung … was ist wichtig dafür?

„Es wird Licht …“

Gaur Gopal Das: Dazu ein Beispiel: Eine Glühbirne besteht aus Glas und Metall. Die Glühbirne alleine, für sich genommen, hat nicht das Potenzial, die Dunkelheit zu vertreiben. Doch sobald sie verbunden ist mit einer Stromquelle, wird sie zu einem Medium für diese Kraft … und wird Licht.

Wir mögen im Leben oft relativ hilflos sein. Spiritualität ist die Kunst, sich mit der Quelle der Kraft zu verbinden. So wie die Glühbirne sich mit der Stromquelle verbindet. Das bedeutet im Kern: Wir sollten in eine tiefe Verbindung mit unserem eigenen inneren Selbst gehen … und uns mit Quellen der Kraft um uns herum verbinden. Das wird unsere spirituelle Reise unterstützen.

Oliver Klatt: Abschließend: Was ist aus Ihrer Sicht das Wichtigste, das eigentlich jeder Mensch verstehen sollte?

Sein

Gaur Gopal Das: Wenn es etwas gibt, das für jeden Menschen wichtig ist zu verstehen, dann ist es, dass wir keine Human Doings (keine tuenden Menschen) sind, sondern Human Beings (vielmehr seiende Menschen).

Wenn wir immer nur tun, tun, tun … dann vergessen wir die Kunst zu sein. Das Tun ist wichtig – aber es muss in richtiger Weise mit dem Sein in Balance gebracht werden.

Oliver Klatt: Vielen Dank für das Interview.


Zur Person: Gaur Gopal Das, geboren 1973, ist ein indischer Mönch, er studierte Elektroingenieurwesen in Pune, Indien. Nach einer kurzen beruflichen Etappe bei Hewlett Packard schloss er sich 1996 der Internationalen Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein (ISKCON) an und ist seitdem als spiritueller Lehrer und Life-Coach tätig.

Das Interview wurde per Telefon geführt, in englischer Sprache, im Januar 2020.

Übersetzung vom Englischen ins Deutsche: Oliver Klatt

Copyright Foto: Paresh Kocharekar

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